Was sind Dialog-Journale?

Schülerin schreibt, warum sie die Lehrerin mag
"... weil Du mir immer hilfst und weil ich Dich mag" (zum Vergrößern anklicken)

Die meisten Dialog-Journale ähneln schriftlich geführten Gesprächen: Eine Person schreibt an eine andere Person und berichtet z.B. über Alltagserlebnisse oder ein aktuelles Problem. Die Person schreibt ihre Gedanken allerdings nicht auf Briefpapier, sondern in ein Heft. Die andere Person liest die Eintragung und antwortet. Mit der neuen Eintragung versehen wandert das Dialog-Journal wieder zur Ausgangsperson zurück. Die liest – und schreibt zurück usw.

Ein Dialog-Journal wandert ausschließlich zwischen den beiden Schreibenden hin und her, denn Dialog-Journale sind nicht für fremde Augen bestimmt. Die „Geheimhaltung“ hat vor allem 2 Gründe: Im Dialog-Journal kann es durchaus um persönlich bedeutsame Themen gehen - und über solche Themen schreiben alle - Kinder wie Erwachsene - nur in geschützten Situationen. Grund Nummer 2: In Dialog-Journalen schreiben sich überwiegend Personen, von denen die eine das Lesen und Schreiben gut beherrscht, während die andere Person Schwierigkeiten mit der Schriftsprache hat. Auch dies ist keine Situation für die Öffentlichkeit.

In Dialog-Journalen wird nicht korrigiert. Im Gegenteil: In Dialog-Journalen treffen sich zwei gleichberechtigte Dialogpartner/innen, trotz des Leistungsunterschieds im Schreiben. Für ihre Kommunikation nutzen sie alle auf Papier realisierbaren Möglichkeiten. Es werden Bilder oder Fotos eingeklebt, es wird gezeichnet - und natürlich wird geschrieben.

Die wichtigste Aufgabe der schreibkundigen Person ist es, für eine starke Motivation zum Lesen und Schreiben zu sorgen. Dies ist die Voraussetzung für alle weiteren Schritte. Ziel beim Schreiben der Dialog-Journale ist Kommunikation, Schreiben Lernen ein möglicher Nebeneffekt.

 

Interessanterweise stellt sich dieser Nebeneffekt zuverlässig bei den unterschiedlichsten Personengruppen ein:

  • bei Menschen, die eine Fremdsprache erlernen wollen (PEYTON, 2000 [Überblick]; ILES, 2001; WANG, 1996; BUSSBA TONTHONG, 2004);
  • bei Kindern aus sprachlichen Minderheiten, die Probleme im Unterricht haben, der in der Mehrheitssprache geführt wird (CHANTHALANGSY & MOSKALIS, 2002 [mit primär laotisch und serbo-kroatisch sprechenden Kindern in den USA]);
  • bei Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderung (WITTE & ALBERTINI, 1989; BAILES, SEARLS, SLOBODZIAN & STATON, 1986);
  • bei durchschnittlichen Schulkindern (REED, 1988);
  • bei Kindergartenkindern (CRESS, 1998);
  • bei Erwachsenen, die Lesen und Schreiben lernen möchten (BARDINE, 1995; FARRIS, 1992).

An der Universität Halle-Wittenberg sind Dialog-Journale fester Bestandteil der Ausbildung von Sprachheil-Lehrer/innen. Unsere Bilder und Beispiele stammen fast ausschließlich aus Dialog-Journalen, die im Rahmen des Studiums oder der späteren Berufstätigkeit entstanden sind.

Literatur

Bailes, Cindy; Searls, Susan; Slobodzian, Jean & Staton, Jana (1986): It’s Your Turn now! Using Dialogue Journals with Deaf Students. Washington: Gallaudet University.

Bardine, Bryan A. (1995): Using Writing Journals in the Adult Literacy Classroom. Ohio Literacy Resource Center.ERIC Dokument 386 596.

Bussba Tonthong (2004): Dialogue Journal Writing: An Emerging Educational Tool for Creating Active Learners and Professional Development. URL (Dezember 2004): gshin.chonnam.ac.kr/class/2conv2/text/00Journal%20Writing.doc.

Chanthalangsy, Sonevilay & Moskalis, Stan (2002): Improving Language Acquisition Through Journal Writing, Master-Thesis Saint Xavier University, Chicago, Illinois, ERIC Dokument 466 104. downlaod

Cress, Susan White (1998): A Sense of Story: Interactive Journal Writing in Kindergarten. Early Childhood Education Journal, 26(1), S. 13–17.

Farris, Pamela J. (1992): Achieving Adult Literacy, Phi Delta Kappa Educational Foundation, Bloomington, Indiana, S. 21, ERIC Dokument 348 516.

Iles, Linnea (2001): Dialogue Journaling with Beginning-Level ESL Students. In: Reiff, T. (Hrsg.): Pennsylvania ABLE Staff Handbook, 2001 Edition, download

Peyton, Joy Kreeft (2000): Dialogue Journals: Interactive Writing to Develop Language and Literacy. Revised, ERIC  Dokument 450 614.

Reed, Leslee (1988): Dialogue Journals Make My Whole Year Flow: The Teacher’s Perspective. In: Staton, J.; Shuy, R.W.; Peyton, J.K. & Reed, L.: Dialogue Journal Communication: Classroom, Linguistic, Social, and Cognitive Views. Norwood: Alex Publishing Corporation, S. 56–72.

Wang, Yu-mei (1996): E-mail Dialogue Journaling In An ESL Reading and Writing Classroom. In: Proceedings of Selected Research and Development Presentations at the 1996 National Convention of the Association for Educational Communications and Technology, Indianapolis. ERIC Dokument 397 845. download

Witte, Ursula & Albertini, John (1989): “Dialogue Journals”. Es geht gut Dir? Es gut mir. Briefwechsel mit deutschen gehörlosen Schülern: ein Versuch. Hörgeschädigtenpädagogik, 2, S. 84–92.